Sehr geehrte EnglischlehrerInnen !

Sie haben sich für ein Gastspiel meines Theaters entschieden. Vielen Dank!
Ich möchte Sie bitten, den Brief an die SchülerInnen eine Woche vorher im Unterricht vorzulesen, und die Vokabeln zu behandeln. Ich kann Ihnen versichern, dass eine gründliche Vorbereitung deutlich den Erfolg der Veranstaltung steigert. Das gilt um so mehr, wenn Sie selbst als FachlehrerIn an der Teilnahme verhindert sein sollten. Jedoch möchte ich Sie bitten, keine Vokabellisten anzufertigen, die dann in hilfreicher Absicht von den SchülerInnen in die Vorstellung mitgebracht werden. Das lenkt sie mit Sicherheit davon ab, sich aufmerksam auf die Wirkung der Vorstellung einzulassen.

Ich möchte Sie mit einigen Überlegungen aus meiner Berufspraxis bekannt machen: Anlässlich eines U.S.A.- Gastspiels ist im Herbst 1988 die englische Fassung von Schneewittchen entstanden. Wieder zurück in Berlin, hat sich zufällig ein neues, interessantes Betätigungsfeld aufgetan. So spiele ich seit 1994 Theater für den Fremdsprachenunterricht. Eine schöne Erfahrung: Theater zu machen, das neben dem ästhetischen Genuss auch eine willkommene Bereicherung des Schulalltags bietet.

Das Theaterspiel ist ein aktives und lebendiges Ereignis. Hier baut sich eine Wechselbeziehung zwischen Bühne und Publikum auf. Dieses Erlebnis ist jedes mal neu, jedes mal spannend und jedes mal anders. Die Kinder sind an diesem Prozess genauso aktiv beteiligt wie der Theatermacher selbst. Auf der Bühne findet nur eine Hälfte des Theaters statt, die andere vollzieht sich in den Köpfen der Zuschauer.

Im Laufe der letzten Jahre musste ich jedoch feststellen, dass es zunehmend Kinder gibt, die noch niemals ein Theater von innen gesehen haben. In Folge dessen können sie auch nicht wissen, wie sie sich in einer Theatervorstellung verhalten sollen.
Der Vergleich mit einem Kinobesuch macht die Unterschiede deutlich: Beides sind Ereignisse, bei denen Zuschauergruppen eine Vorstellung erleben. Beim Kinofilm jedoch wird ein perfekt vorproduziertes Fertigmaterial abgespielt, per Knopfdruck. Dem Vorführer ist es völlig egal, wie das Publikum auf das Werk reagiert. Der ist inzwischen mit anderen Dingen beschäftigt.
Sehr geschickt werden die Besucher zum Verzehr animiert. Denn der Verkauf von Getränken, Popcorn, Eiscreme usw. sichert den Betreibern unverzichtbare Nebeneinnahmen. Für Kinder ist es somit schwer nachvollziehbar, dass das Essen und Trinken während der Theaterveranstaltung stört.

Die Kinder ab Klassenstufe sechs sind zudem in einer besonderen Situation: Zum einen entwachsen sie gerade den Kinderschuhen – und sehen sich nun konfrontiert mit einer Theaterform, die gewöhnlich leider immer noch den Kleinkindern zugewiesen wird. Zum anderen wird mit beginnender Pubertät ihr Gefühlsleben extrem verunsichert. Ich bezeichne das gerne als „tragische Phase der Humorlosigkeit“: Ihren Empfindungen wagen sie nicht mehr zu trauen, und so können sie auch nicht mehr unbeschwert lachen.

Für mich ist es immer wieder eine interessante Herausforderung, mit dieser Altersgruppe zu arbeiten. Wenn es uns gemeinsam gelingt, ihre Neugier an der englischen Sprache in Verbindung mit diesem Theaterereignis zu wecken, wird den Kindern mit Sicherheit ein wundervolles Erlebnis in Erinnerung bleiben.

Sie selbst können am besten einschätzen, in welchem Umfang Sie diesen kurzen theaterpädagogischen Ausflug in Ihre Vorbereitungen einfließen lassen. Ich wünsche Ihnen für Ihre Arbeit viel Erfolg. Mich würde es sehr freuen, wenn der Vorstellungsbesuch dazu beiträgt, die Begeisterung und die Freude an der englischen Sprache zu fördern. So können alle Seiten von dem Gastspiel profitieren. Falls Sie es wünschen, bin ich nach der Aufführung gerne bereit, auf die Fragen des Publikums zu antworten.

Noch Eins zum Schluss: Bitte unterstützen Sie nach Kräften Ihre Kolleginnen und Kollegen , die es übernommen haben das Gastspiel vorzubereiten. Vielen Dank!

Ich freue mich sehr auf das Gastspiel.

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